Nachruf auf Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ruth Schröck

Mit Ruth Schröck ist eine der großen Persönlichkeiten der professionellen Pflege verstorben. An der UW/H hat sie das deutschlandweit erste Graduiertenkolleg Pflegewissenschaft aufgebaut.

Mit Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ruth Schröck ist am Abend des 30. Dezember 2023 eine der großen Persönlichkeiten der professionellen Pflege in Deutschland im Alter von 92 Jahren verstorben. Sie war dem Department für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke (UW/H) bis zuletzt sehr verbunden.

Ruth Schröck wurde am 07. Juli 1931 in Berlin geboren. 1949 erlangte sie die allgemeine Hochschulreife und studierte anschließend bis 1954 Biologie, Philosophie und Sport an der Freien Universität Berlin. Bevor sie nach Großbritannien auswanderte, unterrichtete Ruth Schröck von 1952 bis 1955 als Lehrerin an der Herz Jesu Schule in Berlin die Fächer Biologie, Chemie, Mathematik und Sport. In Bristol, England, absolvierte sie sowohl die allgemeine als auch die psychiatrische Krankenpflegeausbildung und arbeitete dort bis 1963 als Stationsschwester. Nach dem Umzug nach Edinburgh, Schottland, war Ruth Schröck bis 1966 als leitende Stationsschwester auf einer Akut-Aufnahmestation tätig und studierte bis 1969 an der Universität Edinburgh Pflegewissenschaft, Philosophie und Sozialwissenschaft.

Nach dem Diplom in Pflegepädagogik im Jahr 1968 und dem M.A.-Abschluss im Jahr 1969 war sie bis 1971 als Lehrerin für Pflege in der Psychiatrie im Royal Edinburgh Hospital und anschließend bis 1978 als Dozentin in den Bereichen Pflege in der Psychiatrie, Erziehungswissenschaft und Psychologie an der Universität Edinburgh tätig. Von 1978 bis 1984 bekleidete Ruth Schröck eine Assistenzprofessur für Krankenpflege an der Abertay Universität in Dundee, Schottland, und promovierte 1981 an der Universität Edinburgh. Von 1984 bis 1987 war sie Professorin für Pflege und Leiterin des Fachbereichs Gesundheit und Pflege an der Queen Margaret Universität in Edinburgh.

1987 folgte Ruth Schröck dem Ruf an die Fachhochschule Osnabrück und leitete dort als erste Pflegeprofessorin die Pflegestudiengänge bis 1996. 1997 übernahm sie an der Universität Witten/Herdecke den Lehrstuhl für Pflegewissenschaft und baute mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung das erste Promotionsprogramm für Pflegewissenschaft in Deutschland auf. Sie hat das Graduiertenkolleg fast zehn Jahre geleitet und bis 2022 Promovierende betreut.

Ruth Schröck war auch außerhalb von Hochschulen aktiv: Sie war u. a. Mitglied und Vorsitzende verschiedener Gremien in der schottischen Aufsichtsbehörde für Pflegeberufe sowie in der britischen Pflegekammer. In Deutschland war sie Mitglied der Zentralen Arbeitsgruppe Pflegeforschung im „Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK)“, Gründungsmitglied und Vorsitzende im „Deutschen Verein zur Förderung von Pflegewissenschaft und -forschung“, heute „Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft“, Mitglied des Beirates „Stipendien- und Qualifizierungsprogramme Pflege“ der Robert-Bosch-Stiftung sowie Vorsitzende der Ethikkommission im DBfK.

Neben dem Ehrendoktorat „Doctor of Letters“ der Universität Glamorgan in Wales 1998 wurde Ruth Schröck 2005 mit dem Ehrendoktorat „Doctor of Science in Social Science“ der Universität Edinburgh sowie 2007 mit der Ehrenpromotion „Dr. rer medic. h. c.“ der Universität Witten/Herdecke geehrt.

Sie war Ehrenmitglied der „Nursing Studies Association of the University of Edinburgh“, des „Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe“ und der „Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft“. Ruth Schröck erhielt zudem zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Pflegepreis des Deutschen Pflegerates, die Medaille der Robert Bosch Stiftung, die Agnes Karll Medaille des DBfK, und am 03. Oktober 2017 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen.

Neben pflegerischen und pflegewissenschaftlichen Themen verfolgte Ruth Schröck mit großer Freude die reichhaltige Kunst- und Kulturszene in Edinburgh. So nahm sie bis ins hohe Lebensalter alljährlich an zahlreichen Veranstaltungen des sommerlichen Fringe Festivals teil, wenn auf hunderten Bühnen in der ganzen Stadt Künstler:innen Darbietungen aller Genres wie Theater, Tanz, Zirkus, Kabarett, Musicals, Opern oder Straßenmusik präsentierten. Die Farbe, Lebendigkeit und Multikulturalität dieses Festivals ist zugleich Ausdruck der Lebensfreude und kreativen Energie von Ruth Schröck. Nicht umsonst hat sie lange Zeit ihren Lebensmittelpunkt auf der Canongate, der lebendigen Hautverbindungsachse zwischen dem Edinburgh Castle und dem Holyrood Palace im Herzen Edinburghs gehabt.

Als Befürworterin der schottischen Unabhängigkeit war Ruth Schröck nur einen Steinwurf vom 1999 gegründeten schottischen Parlament entfernt, in welches sie die Teilnehmer:innen des damaligen pflegewissenschaftlichen Postgraduiertenkollegs der Universität Witten/Herdecke zu einem wissenschaftlichen Exkurs einlud. Darüber hinaus hegte Ruth Schröck eine große Begeisterung für den schottischen Architekten, Innenarchitekten, Grafiker und Maler Charles Rennie Mackintosh. Sie begab sich auf die Spuren des Künstlers und besuchte zahlreiche seiner herausragenden Bauwerke im britischen Jugendstil.

Auch für die lukullischen Genüsse war Ruth Schröck stets zu haben: Neben den traditionsreichen Pubs kannte sie die neuesten und angesagtesten Restaurants der Stadt. Einer dieser Lieblingsorte war die „Scotch Malt Whisky Society“, für die sie eigens eine Mitgliedschaft erwarb, um Zugang zu den wunderschönen Räumlichkeiten der 28 Queen Street oder The Vaults in Leith zu erhalten. In dieses einzigartige Ambiente hat Ruth Schröck sehr gerne gute Freunde und Bekannte eingeladen. Bei einem „wee dram of whisky“ und „Findlay’s of Portobello hagis with neeps, tatties and society whisky sauce” konnte Ruth Schröck am Kaminfeuer stundenlang Gespräche über das aktuelle Weltgeschehen führen.

Eine der wohl finstersten Stunden im Leben von Ruth Schröck, die die Haptik und das Lesen von Büchern über alles liebte, war die Nachricht ihres Augenarztes, dass ihre Sehfähigkeit operativ nicht mehr hergestellt werden kann. Für Ruth Schröck bedeutete dies einen unvorstellbaren Verlust an Lebensqualität. Trotz zunehmend eingeschränkter Mobilität und Sehfähigkeit war Ruth Schröck bis in die letzten Wochen ihres langen und erfüllten Lebens voller Interesse und Lebensmut. Auf ihrem roten Scooter sitzend hat sie ihre Besucher:innen gerne auf einen Spaziergang an der Strandpromenade von Portobello eingeladen, mit anschließendem Einkehrschwung in „The Boathouse“ bei „garlic bread and coffee“.

Mit ihrem legendären Ausspruch „Es gibt keinen Grund nichts zu tun.“ wird uns Ruth Schröck als Pionierin der deutschen Pflegewissenschaft und leidenschaftliche Fürsprecherin für die Professionalisierung der Pflege, bei der der Mensch stets im Mittelpunkt steht, in guter Erinnerung bleiben. Ihr Tod hinterlässt eine tiefe Trauer, aber auch die Verpflichtung, ihr Erbe fortzuführen und die von ihr begonnenen Entwicklungen in der Pflegewissenschaft weiter voranzutreiben. Bereits zu Lebzeiten wurde jährlich ein Ruth-Schröck-Symposium durch das Department für Pflegewissenschaft veranstaltet, in dem eine ausgewählte Doktorarbeit aus dem von ihr gegründeten Doktorandenkolleg der Pflegewissenschaft vorgestellt wurde. In dieser Tradition bleibt sie im Department und für Nachfolgegenerationen im Gedächtnis.

Mit Ruth Schröck verlieren wir eine Visionärin, Wissenschaftlerin, Mentorin, Kollegin und Freundin. Sie wird uns sehr fehlen.

Das Kollegium des Departments für Pflegewissenschaft im Namen der Universitätsgemeinschaft

https://www.uni-wh.de/detailseiten/news/nachruf-auf-prof-dr-dr-hc-mult-ruth-schroeck-10228/

 

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